Healthy Streets – Lebensräume und Begegnungsorte für Menschen.

 

Eine Begegnung mit Lucy Saunders

Ich bin immer auf der Suche nach Menschen, die außergewöhnliche Ideen haben. Nicht Ideen um der Ideen willen, sondern Lösungen für Probleme, an denen wir uns die Zähne ausbeißen. Die »Verkehrswende« ist so ein Thema, über das oftmals sehr aggressiv diskutiert wird.

 

»Veränderungen sind überall möglich.«

Vor kurzem habe ich Lucy Saunders getroffen. Sie ist, wie sie sich selbst nennt, »Verkehrsvisionärin«. Als ich hörte, dass sie im Mai auf Einladung eines Herstellers für Spezialfahrräder zu Besuch in Waltrop sein würde, habe ich mich riesig gefreut. Denn eigentlich lebt sie in London, berät Städte auf der ganzen Welt und spricht auf internationalen Kongressen über ihr Konzept »Healthy Streets – Gesunde Straßen«. London, Sydney, Waltrop? Damit hat Lucy kein Problem: »Veränderungen sind überall möglich. Es braucht nur Menschen, die sie anstoßen.« Da sind wir uns gleich einig!

Aus der Perspektive von »Healthy Streets« dienen Straßen nicht nur der Fortbewegung, sondern sind Lebensräume und Begegnungsorte von Menschen. Es geht nicht um die Konkurrenz zwischen verschiedenen Fortbewegungsmitteln, sondern darum, dass wir uns in einer Stadt willkommen, wohl und sicher fühlen. Unabhängig davon, ob wir als Fußgänger:in, mit dem Rad, Motorrad, Auto, Rollstuhl oder Laufrad unterwegs sind. Was eine »gesunde Straße« ausmacht, habe ich Dir weiter unten zusammengestellt.

Während des Rundgangs durch Waltrop verändert sich auch meine Perspektive: Ist der Fußweg breit genug, dass Menschen nebeneinander gehen und sich unterhalten können? Gibt es Sitzgelegenheiten, damit Ältere zu Fuß in die Stadt gehen können? Kann der Markt vom Parkplatz für 150 Autos, die in der prallen Sonne stehen, zu einem Ort mit Bäumen und Schattenplätzen umgestaltet werden?

Auf den ersten Blick klingen Lucys Fragen anspruchsvoll. Hallo, wir können doch froh sein, wenn es überhaupt einen Fußweg gibt, denke ich im ersten Moment! Auf den zweiten Blick verstehe ich, was sie meint:

 

Verkehrsplanung für Menschen

Menschen müssen sich draußen an der frischen Luft bewegen können. Aber in der Stadt gibt es nun mal nicht Wald und Wiese oder die kleine Dorfstraße, auf der man auch mal quatschen kann, ohne dass das Kind auf dem Laufrad angefahren wird. Und nicht jeder hat einen Garten, wo es im Sommer kühler ist als auf einem gepflasterten Platz zwischen hohen Mietshäusern. Wir brauchen Lebensräume und Begegnungsorte für alle, damit wir gesund und zufrieden leben können. Diesen Zusammenhang hat Lucy Saunders als Expertin für öffentliche Gesundheit und Stadt- und Verkehrsplanerin über viele Jahre erforscht.

Mit Lucys Ideen kann man die Diskussion über die Verkehrswende komplett entschärfen. Es gibt andere, leichter umsetzbare Lösungen als immer gleich die große Ortsumgehung, über die jahrelang gestritten wird. An einer der Straßen, die wir besuchen, kann zum Beispiel der Fußweg einfach etwas erweitert werden, ohne dass der Autoverkehr eingeschränkt wird. Und rein nebenbei fahren Autofahrer automatisch vorsichtiger, wenn die Straße schmaler ist und weniger zum Rasen einlädt. Auch sie fühlen sich wohler, wenn sie niemanden gefährden.

An anderen Stellen reicht schon, den Bordstein abzusenken, so dass man mit Rolli oder Fahrrad intuitiv den ungefährlichsten Weg nimmt. Und mit einem Parkleitsystem könnte man erst einmal andere Plätze anbieten, bevor der Marktplatz gebraucht wird. Die Hälfte dient dann dem eigentlichen Zweck zentraler Plätze: sich unterhalten, Eis essen, spielen und Obst und Gemüse kaufen.

»Veränderungen sind überall möglich«, sagt Lucy Saunders. Recht hat sie! Menschen wie sie machen mich zuversichtlich. Wir müssen gar nicht lange nach ihnen suchen, denn es gibt viele davon!

Lucy Saunders

10 Punkte für Healthy Streets von Lucy Saunders

 

  1. Jede:r soll sich willkommen fühlen.

Deshalb müssen Straßen einladende Orte sein, an denen jede:r spazieren gehen, Zeit verbringen und sich mit anderen Menschen austauschen kann. Das ist wichtig, damit wir alle durch körperliche Aktivität und soziale Interaktion gesund bleiben.

  1. Leicht zu überqueren

Menschen möchten ihr Ziel schnell und direkt erreichen. Das dürfen wir ihnen nicht erschweren, sondern müssen unsere Straßen entsprechend gestalten. Frustrierte Menschen machen die Stimmung in einer Stadt immer schlechter.

  1. Schatten und Schutz

Sie werden benötigt, damit jeder die Straße bei jedem Wetter nutzen kann: Wenn die Sonne scheint, brauchen wir Schutz vor der Sonne. Bei Regen und Wind sind wir alle froh über einen Unterschlupf. Schutz und Schatten lassen sich mit Bäumen, Markisen, Kolonnaden etc. leicht realisieren.

  1. Orte zum Ausruhen

Viele Menschen empfinden es als anstrengend, längere Strecken zu Fuß oder mit dem Fahrrad zurückzulegen. Sitzgelegenheiten sind daher unerlässlich. Wo Menschen sitzen und sich unterhalten, möchte man auch gerne wohnen.

  1. Nicht zu laut, bitte!

Lauter Straßenverkehr ist eine Belastung für die Menschen, die an einer Straße leben, arbeiten oder unterwegs sind, und wirkt sich in vielerlei Hinsicht negativ auf unsere Gesundheit aus. Die Reduzierung des Straßenverkehrslärm schafft eine angenehmere und gesündere Umgebung.

  1. Die beste Entscheidung: Laufen und Radfahren 

Um gesund zu sein, müssen wir Bewegung in unseren Alltag einbauen. Menschen entscheiden sich zum Laufen oder Radfahren, wenn das für sie die angenehmste Option ist. Gehen und Radfahren oder öffentliche Verkehrsmittel müssen attraktiver sein als das Auto zu nutzen.

  1. Menschen fühlen sich sicher.

Fußgänger oder Radfahrer fühlen sich sicher, wenn der motorisierte Verkehr ihnen genügend Raum, Zeit und Aufmerksamkeit gibt. Wir können den Verkehr so beeinflussen, dass Autofahrer rücksichtsvoll und langsam fahren. Wenn Wege beleuchtet und freundlich gestaltet sind, haben Menschen weniger Angst, angegriffen zu werden.

  1. Was kann ich erledigen, was gibt es zu sehen?

Straßen und Plätze müssen optisch ansprechend sein und es muss Gründe geben, sie zu besuchen: lokale Geschäfte und Dienstleistungen, Gastronomie und Möglichkeiten, mit Kunst, Natur und anderen Menschen in Kontakt zu kommen.

  1. Entspannung!

Straßenumgebung macht Angst, wenn sie schmutzig und laut ist, wir uns unsicher fühlen, zu wenig Platz haben oder nicht leicht dorthin gelangen, wo wir hinwollen. Einladende und attraktive Straßen helfen sich zu entspannen.

  1. Saubere Luft

Die Luftqualität wirkt sich auf die Gesundheit jedes Einzelnen aus, besonders aber auf Kinder und Menschen, die bereits gesundheitliche Probleme haben. Die Verringerung der Luftverschmutzung kommt uns allen zugute.

www.healthystreets.com

 

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